A Long Expected Party

Eine Rodung am Vosk etwa dreißig Pasang wie der Tarn fliegt rorwärts von Turmus, im En’kara (IV/2) des zweiten Mondenlaufs der Regentschaft des Administrators Cato

Elsket Far!

Es sei Eurer Tochter Mithrandriel erlaubt, diese Worte an Euch zu richten, verehrter Vater.

Endlich war die Ahn, der nicht allein ganz Turmus seit Händen entgegenfiebert, angebrochen. In einer Zahl, die der ehrwürdige Vosk lange wohl nicht mehr, wenn bis dato überhaupt gesehen hat, schoben sich die in den Farben des jeweiligen Heimsteins beflaggten Schiffe und Kähne der Delegationen aus allen Gefilden Gors anmutig den majestätischen Strom hinauf bis zum Anleger des prächtigen Festplatzes. Dieser war binnen nur zweier Hand errichtet worden – auf einer Rodung, die man dem gemeinhin als nicht kultivierbar geltenden Auwald eigens hierfür abgetrotzt hatte. Das Areal bietet den Gästen praktisch jede für einen zivilisierten und standesgemäßen Lebenswandel unabdingbare Einrichtung: luxuriös ausgestattete Delegationszelte, ein Heilerzelt, Repräsentationszelte der Blauen wie der Roten Kaste, ein Tavernenzelt und gar ein eigens am Ufer des Vosk errichtetes Badehaus, welches in seiner Temporarität gleichsam ein Sinnbild für Schaffenskraft wie aber auch Vergänglichkeit unserer hohen Zivilisation ist. Darüber hinaus säumen den Festplatz Stände, an denen Speis und Trank ebenso wie nahezu jedes andere verfügbare Gut feilgeboten werden, Wagen und Zelte, die Unterkunft für kleinere Gruppen oder einzelne Reisende bieten, eine zentrale Bühne für Tanz und Gaukelei, allerlei Aufbauten für märktlichen Kurzweil und Spiele und nicht zuletzt das Feld der Ehre, der Turnierplatz.

Empfangen von in den Farben von Turmus schmuck herausgeputzten Kajirae und begrüßt vom Administrator, Sir Cato, und seiner Gefährtin Lady Amira, dem Prätor von Turmus, begannen die Gäste, den Festplatz mit buntem Leben zu füllen. Dies Geschehen ward für mich denn auch der erste Höhepunkt des Festes. Meine Augen konnten sich kaum sattsehen an all den prunkvollen, von Silber und Gold durchwirkten Roben und den bisweilen ebenso großen wie illustren Gefolgschaften, mit denen die Anreisenden den Glanz ihrer Heimsteine hierher an den Vosk trugen. Zurückhaltend und peinlich darauf bedacht, jedes noch so geringe Reglement der Etikette zu wahren, schloss ich mich zunächst der Gruppe um den Administrator an, welcher die politisch bedeutenderen der Delegationen nochmals auf einige Worte in ihrem jeweiligen Zelt aufsuchte. Hierbei bekam ich – bei Freyas Lockenpracht! – unter anderem Lady Nasty, die Regentin von Kasra, von der ich bereits soviel Reden und Singen hörte, leibhaftig zu Gesicht. Und führwahr, gehüllt in ein güldenes Gewand boten die makellosen Züge ihres von immerwährender Jugend gesegnet scheinenden Antlitzes wahrhaft die Erscheinung eines Himmelsfeuers, das aus den Tiefen des Firmaments auf Gor sich herabsenkte!

Im weiteren Verlauf des Abends machte ich mich auf eigene Faust daran, den Festplatz abzuschreiten und wann immer sich die Gelegenheit bot, Gäste zu begrüßen, mich ihrer Anliegen anzunehmen und einen Plausch mit ihnen zu halten. Hierbei kam ich auch mit Sir Gar, dem Administrator von Lydius, ins Gespräch, dessen Präsenz mir – Thorgard und Luithilt helft! – regelrecht einen frostigen Schauder über den Leib jagte. Gewisslich war mein Eindruck maßgeblich vorgeprägt von alledem, was <an dieser Stelle sind Worte energisch ausgestrichen und unkenntlich gemacht worden> Isabell durch seine Hand oder zumindest seinen Willen erdulden musste. Und auch jener unsichtbare, gleichwohl förmlich physisch erfahrbare Griff, der sich in Gegenwart eines machtvollen Mannes wie ein Kragen um den Hals wohl eines jeden Weibes legt, trug das seine bei. Exculpo! Doch nebst dem fühlten sich seine Worte und Blicke an, wie die eisigen Fallwinde, die in klaren Nächten von den Flanken des Axtgletschers her das Land noch im Sommer mit Raureif überziehen.

Derweilen nahm das Fest programmgemäß und die Perfektion der Planungen adelnd seinen Lauf. Vulo und Honey, deren Namen ein jeder im Hafen von Turmus kennt – obgleich sie nur Sklavinnen sind – gaben ihr humoriges Spiel mit den Handpuppen (solche von der Art, wie Ihr sie mir zum 25. Markt schenktet) zum Besten, mit dem sie uns bereits zu Carnival erfreuten. Am späteren Abend und im Schein der Fackeln bot Honey auf der Hauptbühne in der Mitte des Platzes einen Schlangentanz dar. Dieser schien mir das Wesen des Mädchens vortrefflich zum Ausdruck zu bringen – wobei das Reptil ohne Zweifel die harmlosere der beiden Schlangen auf der Bühne war. Bass erstaunt war ich, dass dieses verruchte Ding es einmal mehr wagte, sich in derart schamloser Weise zur Schau zu stellen, hatte sie doch bereits zu Carnival mit einem Feuertanz den Zorn einer jeden ehrbaren Frau auf sich gezogen. Büßen musste sie solch Frevel allein deshalb nicht, weil ihre Darbietung – Thor kratz Dich am Kopf! – den Männern den Geifer nur so aus den Mäulern laufen ließ. Pfui Urt! Sittsamer gerierte sich demgegenüber die Gauklerin Shaia, wie wohl auch sie die Vorzüge ihres athletischen Körpers durch die Wahl eher ent- als verhüllender Gewandung kokett zur Schau zu stellen wusste. Vielen, die ihrem Auftritt beiwohnten, insbesondere den Bürgern Turmus‘, ist die quirlige Maid inzwischen als von den Musen geküsste Schauspielerin und Stammbesetzung im Theater zu Turmus bekannt. Und bereits zu Carnival schlug sie uns mit ihrer talentierten Gaukelei in Bann.

Die Krönung des ersten Festtages stellte für mich jedoch der vom Administrator in seinem Prunkzelt zur 18. Ahn einberufene Konvent der Blauen Kaste dar. Dieser diente einerseits dem Kennenlernen, allgemeinen Austausch und der Fachsimpelei der anwesenden Kastenbrüder und –schwestern. Zum anderen – und nach meinem Dafürhalten insbesondere – jedoch ward hierdurch einem nach einhelliger Auffassung bedeutsamen Anliegen von Lady Amira ein Forum geboten: der Gründung einer Akademie der Blauen Kaste. Das Vorhaben wurde im Kreise der Anwesenden einhellig begrüßt und ein jeder bot an, sich bei der Realisierung nach Kräften und Möglichkeiten einzubringen. Lebhaft und konstruktiv disputiert wurde im Folgenden lediglich noch das weitere Vorgehen, wobei Lady Amira bereits ein Curriculum vorbereitet hatte – was jedenfalls mich wenig überraschte. Über den Fortschritt in dieser Angelegenheit werde ich Euch, verehrter Vater, in angemessener Ausführlichkeit auf dem Laufenden halten.

Möge Odin Euch und Eurem Haus allzeit Leben und Reichtum schenken, und mir, Eurer Tochter, das Wohlwollen ihres verehrten Vaters.

I Kjærlighet
Mithrandriel

5 Kommentare zu “A Long Expected Party

  1. Ein schöner Brief, auch wenn ich .. Google wieder zumacht .. einige der Wörter erst nachschlagen muß. Es macht immer Freude Miths Briefe an ihren Vater zu lesen..
    Gruss Talia

    • Vielen Dank, Talia!
      In der Tat hat Mith einen ziemlich antiquierten Schreibstil – zumindest, wenn sie an ihren Vater schreibt. Das macht sie jedoch durch ihren echt fiesen Nord-Slang wieder wett, in den sie verfällt, wenn sie sich RICHTIG über was aufregt 😉

  2. Und an dieser Stelle muss ich selbst gleich die erste Randnotiz auf diesem Brief anbringen und Honey und Gar um Nachsicht bitten, dass sie darin eins „verbraten“ bekommen. Ich hoffe, Ihr nehmt es getreu dem Promi-Motto „Auch schlechte Nachrichten sind positive Publicity!“ 😉

    • Warum denn um Nachsicht bitten? Ist doch sehr treffend beschrieben! Was ich nur gerne wüsste, ist, was da an der durchgestrichenen Stelle noch stand.

      …der eisige Fallwind…

    • Durchgestrichene Stelle? Och… ach so, das… Da ist mir nur ein wenig zuviel Tinte aus dem Kiel gelaufen. Schmunzelt und streicht sich mit der Feder unter dem Näschen entlang 😉

Notizen zu diesem Tagebucheintrag bzw. Brief